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Netzhautveränderungen liefern Hinweise auf genetisches Schizophrenie-Risiko

Eine neue Studie zeigt einen Zusammenhang zwischen Netzhautzellen und einer genetischen Anfälligkeit für neuropsychiatrische Erkrankungen. Eine internationale Forschungsgruppe hat dabei erstmals spezifische Zelltypen in der menschlichen Netzhaut identifiziert, die mit dem genetischen Risiko für Schizophrenie und Multiple Sklerose in Verbindung stehen.

Netzhautveränderungen liefern Hinweise auf genetisches Schizophrenie-Risiko
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Amakrinzellen in der Netzhaut mit Schizophrenie-Risiko verknüpft

Die stärkste zelltypspezifische Anreicherung genetischer Risikovarianten für Schizophrenie fand sich in Amakrinzellen. Diese Interneurone sind an der synaptischen Signalverarbeitung innerhalb der Netzhaut beteiligt. Die Analyse ergab zudem, dass ein höheres polygenes Risiko mit einer Ausdünnung der inneren plexiformen Schicht einhergeht – genau jener Schicht, in der Amakrinzellen eine zentrale Rolle spielen.

Diese Ergebnisse stützen die Hypothese, dass Veränderungen in der neuronalen Signalverarbeitung, wie sie bei Schizophrenie bekannt sind, bereits auf der Ebene der Netzhaut erkennbar sein könnten. Die Daten legen nahe, dass bestimmte genetische Risikovarianten nicht nur das Gehirn, sondern auch die Struktur und Funktion der Netzhaut beeinflussen.

Retinale Immunzellen bei Multiple Sklerose auffällig

Auch für Multiple Sklerose wurden relevante Zusammenhänge identifiziert. Das genetische Risiko für diese Autoimmunerkrankung zeigte sich in einer stärkeren Expression in retinalen Immunzellpopulationen. Gleichzeitig wiesen die betroffenen Personen eine erhöhte Dicke der Nervenfaserschicht auf – ein möglicher struktureller Marker, der künftig für die Diagnostik genutzt werden könnte.

Keine eindeutigen Netzhautveränderungen bei weiteren Erkrankungen

Für andere untersuchte Erkrankungen wie Parkinson, Alzheimer, Schlaganfall, bipolare Störung und Depression ließen sich keine konsistenten zelltypspezifischen Netzhautveränderungen nachweisen. Die Studienergebnisse unterstreichen daher die besondere Relevanz der Netzhaut für ausgewählte Krankheitsbilder, insbesondere für Schizophrenie und Multiple Sklerose.

Netzhaut als leicht zugänglicher Zugang zum zentralen Nervensystem

Da die Netzhaut entwicklungsbiologisch Teil des Gehirns ist und über dieselbe genetische Ausstattung verfügt, eignet sie sich als Fenster in zentrale neuronale Prozesse. Mit nicht-invasiven Verfahren wie der optischen Kohärenztomografie (OCT) lassen sich strukturelle Netzhautveränderungen schnell und kostengünstig erfassen – ein Vorteil gegenüber aufwendigeren bildgebenden Verfahren des Gehirns.

Potenzial für Frühdiagnostik und individualisierte Therapieansätze

Die Studienautoren betonen, dass die aktuellen Ergebnisse nicht unmittelbar in die klinische Praxis übertragbar sind, aber eine wichtige Grundlage für zukünftige Forschung bieten. Langzeitstudien könnten zeigen, ob sich die erkannten Netzhautveränderungen für die Frühdiagnostik oder als Biomarker im Therapieverlauf nutzen lassen. Besonders bei Erkrankungen wie Schizophrenie, deren Ursachen noch immer nicht vollständig geklärt sind, eröffnen sich dadurch neue Perspektiven für individualisierte Behandlungsstrategien.

Die Studie zeigt: Die Netzhaut könnte künftig eine wichtige Rolle in der Erforschung und möglicherweise auch in der Früherkennung neuropsychiatrischer Erkrankungen spielen. Insbesondere die Verbindung zwischen genetischem Schizophrenierisiko und spezifischen Netzhautzellen eröffnet neue Forschungsansätze.

Quelle: Aktuelle Studie “Genetic Analysis of Retinal Cell Types in Neuropsychiatric Disorders” [Veröffentlicht am 01.03.2025]